Nachruf auf Oskar (13.2.97)

Diese Geschichte habe ich im Bürgerfunk des Herner Lokalradios im Rahmen der Sendung "Katzengeschichten" veröffentlicht.

Bitte Anklicken für eine größere Darstellung Ohne vorherige Anmeldung bist du von mir gegangen, Oskar mein geliebter Kater. Du warst zwar in der letzten Zeit sehr müde, doch sagt man Katzen nicht nach, daß sie immer sehr viel schlafen? Du hast mein Bett, oder wie du von dir glaubtest, deine Lagerstatt verlassen, ohne Abschied. Warum habe ich nicht gemerkt, daß du gegangen bist um zu sterben? Hätte ich es aber gemerkt, hätte ich dich aufgehalten, weil ich liebte dich so sehr. Doch Katzen verlassen immer den Ort und die Menschen, die sie lieben, um zu sterben.

Fünfzehn Jahre habe ich dich an meiner Seite gehabt. Als Katzenbaby legte man mir dein Schicksal in meine Hand. Ich habe dich gehätschelt, dich gefüttert, mit dir gespielt und dich aufwachsen gesehen. Du hast mich immer hoch erfreut mit deinen Arten und Unarten. Meine teure Seife hast du gefressen, einen Milchzahn hast du dir an mir ausgebissen, an meinem Oberschenkel. Außerdem hast du in deinen vielen Jahren in meiner Behausung nicht nur die Sessel zerkratzt, sondern dich auch ganz fest in mein Herz verbissen. Ich wollte dich nicht aus dem Haus lassen, weil viele deiner Artgenossen auf der Straße überfahren wurden. Du solltest bei mir bleiben und dein Gnadenfutter bei mir bekommen. Ich hütete dich sorgsam und drohte jedem Menschen in meiner Umgebung gar fürchterliches an, wenn man dir die Türe nach draußen öffnen wollte. Einmal hast du in der ungestümen Art deiner Jugend vom Dachboden, dem Ort deiner Kinderspiele, den Weg nach draußen gesucht. Unter großem Geschrei von mir ist es dir gelungen, durch die Dachluke zu klettern und herunterzupurzeln. Beglückt schloß ich dich in die Arme, als ich dich von der Wiese ohne jeglichen Schaden aufnehmen durfte. Mein Liebling, ich hatte dich wieder.

So verging Jahr um Jahr mit zärtlicher Hingabe zu dir. Zu meinen Füßen hast du Zeit deines Lebens geschlummert, ich vermisse dich sehr. Wenn ich zum Fußende des Bettes schaue, meine ich, du bist noch da, wenn ich von meinem Frühstücksplatz in den Garten schaue, vermeine ich dich auf der Fensterbank. Wenn ich mit dem Auto vom Einkauf zurückkomme, fühle ich dich an meinen Beinen schnurrend herumstreichen, ich vermisse Dich. Wenn ich alleine war, warst du mir in deiner Schweigsamkeit ein treuer Gefährte, ich schaute in deine Augen, sprach eine Weile mit dir und vermeinte, du verstündest mich. Gab ich keine Ruhe und streichelte ich dich zu lange, gabst du mir mit einem zärtlichen Biß zu verstehen, daß es genug sein mußte.

Ich vermisse dich, ich selbst legte dich in dein Grab, weil das Schicksal mir so gnädig war, dich in meinem Garten sterben zu lassen. Du lagst so friedlich unter einer großen, dunklen Tanne, völlig vor dem Regen geschützt, die Pfoten hattest du friedlich gekreuzt, ich ließ dich noch ein paar Stunden so liegen. Ich wußte dich irgendwie in Sicherheit und wollte mir noch einige Zeit geben, mit meinem Zweifel an deinem Tod. Ich wünschte, du wärest aufgestanden von deinem Lager, und es wäre alles beim alten. Mein Wunsch erfüllte sich nicht, du bliebst liegen, du hattest beschlossen, von mir zu gehen. Mein geliebtes, kleines, zärtliches Fellbündel, ich habe dir in deinem Leben alles von meiner Liebe gegeben, so werde ich dich auch in diesem Moment mit meiner Liebe einhüllen, daß dir kein Haar gekrümmt wird.

Jetzt kommt der bittere Moment des Abschiedes, dich von dem Boden aufzunehmen, nicht um dich von einem unerlaubten Spaziergang ins Haus zu tragen, sondern um dich zur letzten Ruhe zu bereiten. Sorgsam sammele ich jede Tannennadel aus deinem Fell, entferne vermeintlichen Schmutz, denn du kannst dich nicht mehr Ablecken, ich denke an dich, mein kleiner Freund. Nachdem ich glaubte, es wäre im kätzischen Sinne genug, wickelte ich ein schönes, sauberes Tuch um dich, damit kein Schmutz an dich kam, als du in die kühle, feuchte Erde gebettet wurdest. Ich lasse dich noch so zugedeckt, bis unser lieber Bäri das Grab für dich ausgehoben hat. Die Hündin, die du in den letzten Jahren ertragen mußtest, hat dich sehr geliebt und verabschiedet sich auch von dir.

Jetzt nehme ich dich auf und bringe dich zu deiner letzten Schlafstätte, mir ist es so schwer ums Herz, ich will dich nicht hergeben und muß es doch. Schließlich kann ich dem Geschick dankbar sein, daß du nicht von einem Auto überfahren wurdest und zerfetzt im Straßengraben von mir nie mehr wiedergesehen liegen müßtest. Oder ein schrecklicher Mensch hätte dich in der Nacht, in der ich dich vermißt habe, gequält und erschlagen. All dieses ist nicht eingetroffen. Du warst in meiner Nähe und immer noch hadere ich mit meinem Schicksal und glaube, daß ich dich hätte retten können. Doch fünfzehn Jahre, sagen alle unsere Freunde, waren ein langes Katzenleben und es war dein Schicksal. All diese Gedanken quälen mich in diesem Moment, in dem ich dich der Erde, von der wir alle kommen, übereignen muß. Zärtlich lege ich dich in dein Grab und hoffe und bete für dich, daß es einen Katzenhimmel gibt. Bäri bedeckt dich langsam mit Erde und ich bleibe so lange, bis ich nichts mehr von dem Tuch, das dich birgt, sehe. Ein letztes Mal sage ich noch aufwiedersehen, mein geliebter Kater. Dein Grab ist jetzt ganz in meiner Nähe und ich werde zeit meines Lebens an unsere schönen, gemeinsamen Jahre denken.

Dein Mund konnte nicht sprechen, doch er tröstete mich. Deine Anwesenheit saugten meine Tränen und meinen Kummer auf. Deine umflorten Augen schauten in meine Seele. Dein seidiges Fell hüllte mich liebevoll ein und versprach mir Trost. Dein Kommen und Gehen gab mir Hoffnung. Daß Du mich verlassen mußtest, kann ich nicht verstehen. Tränenmüde schaue ich auf deinen Schlafplatz, er bleibt leer!

In Erinnerung an meinen geliebten Kater Oskar F. Jäger, verstorben am 12.02.1997

© 1997 Chris Jäger


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