Diese Geschichte habe ich im Bürgerfunk des Herner Lokalradios im Rahmen der Sendung
"Katzengeschichten" veröffentlicht.
Es geschah zu der Zeit als mein jetziger Mann Bäri-Beeri in unser Haus kam, und es
galt den Kater zu überlisten. Freundschaft ist bei Katzen etwas sehr kompliziertes:
Entweder ist sie da, oder sie muß aufgebaut werden, was aber nicht erzwungen
werden kann. Bei Menschen, die sich vor Katzen etwas zieren, heißt es im kätzischen
Sinne, diesen Leuten mit ständiger Anwesenheit auf den Wecker zu gehen, zu
schnurren und zu gurren und der Unverschämtheit die Krone aufzusetzen, sich auf
den Schoß des so geliebten Menschen zu plazieren. Das läßt den so Beschenkten
meist verstört die Flucht ergreifen, um sich danach von den Katzenhaaren penibelst
zu reinigen. Höchstwahrscheinlich wird dieser Gast uns nie wieder beehren. Lassen
wir Kater Oskar aber lieber selber erzählen:
„Wenn in unserem Haushalt uns jemand nicht mag, dann mögen wir Ihn auch nicht.
Doch bei Bäri-Beeri ist es anders. Er ist kein Besuch und Chris richtet ihm sogar
einen Schlafplatz in einem der unteren Zimmer ein, die sonst immer komplett mir
gehören. So geht das nicht, Schlafplatz beanspruchen und vielleicht auch noch Futter
abstauben und die Krönung auch noch Freundschaft verlangen. Das wird der Bursche
teuer bezahlen müssen. Auch wenn Chris ihn mehr streichelt als mich - das nehme
ich ihr übel und werde ihr von Zeit zu Zeit in die Wade beißen, dann wird Sie es
schon merken, wer hier der Kater im Haus ist. Es ist nicht mitanzusehen, wie sie ihn
krault, ihm die Schnauze ableckt und ihm gewaschene Wechselfelle gibt. Er wird
sich etwas einfallen lassen müssen, das wird ihn mehr als nur ein paar Kratzer
kosten.
Wieder einmal wird es Morgen in diesem Haushalt, man bereitet das Frühstück und
ich, der Kater, werde schon wieder einmal vernachlässigt. Ich beschließe daher, erst
einmal nachzusehen, was die Zweibeiner zu fressen gedenken, denn meistens
schmeckt mir das besser als mein Futter. Übrigens auch ein guter Test für den
Neuen. Gibt er etwas ab, dann könnte er gewinnen, meine Freundschaft nämlich.
Die Zweibeiner erscheinen zum Fressen, sie gießen dieses übelriechende, braune
Wasser in Näpfe und stoßen Grunzlaute aus wegen des guten Geschmackes dieser
Flüssigkeit. Jetzt greifen sie zu den trockenen Dingern, die sie Brötchen nennen,
teilen sie mit dem Messer, welches man eindeutig auch zu sinnvolleren Tätigkeiten
benutzen könnte, als da wäre, die Fleischwurst und ähnliche wohlschmeckende
Wurst und Fleischsorten in kleine katzengerechte Stücke zu schneiden um sie mir
dann zu geben.
Nun streichen sie die Butter auf das Brötchen, sehr fettig, sehr lecker, ich habe schon
einmal reingebissen, das reinste Vergnügen! Jetzt werden sie wieder unangenehm,
diese Zweibeiner, und streichen eine klebrige Masse auf die trockenen Dinger mit
der leckeren Butter. Wann kommen sie endlich zu dem wichtigsten, dem Öffnen der
Wurstschachtel? Diese ewige Warterei! Endlich, Chris sagt: ‚Das ist mir alles zu
süß!' Endlich holt sie die Wurstschacktel aus der Winterkiste. Nun schreitet sie zur
Auswahl, ich trete von einer Pfote zur anderen. Nimm doch endlich die runde
Fleischwurst heraus und schneide mir das eine oder andere Stück davon ab. Aber, o
Graus, der Neue nimmt sich die Fleischwurst, dieser Eindringling, und schneidet sich
einige Stücke davon ab.
Er schneidet und schneidet und endlich ruft er: ‚Wo ist denn der Kater, wo ist denn
dieser Oskar, wo ist denn das Kerlchen?' Ja, wo soll ich denn sein, du Blödmann?
Hier bin ich doch, aber glaube ja nicht, daß ich dir eine Pfote näher komme, gib die
Fleischwurstschnipsel, dann aber verschwinde aus meinem Revier!
Doch was ist das? Hinterhalt, was tut er? Er legt die Fleischwurst auf sein Knie. Ich
bin also gezwungen, näher zu kommen. Wenn ich so recht überlege, dann ist er ja gar
nicht so übel, und er hat mir auch sehr viel von dieser leckeren Wurst abgeschnitten.
Na gut, dann bin ich eben so gnädig und fresse die Wurst auch von seinem Knie,
wenn ihn das nur glücklich macht. Außerdem hat er eine warme, fleischige Pfote,
sehr beruhigend, und er streichelt mich fortwährend. Schmeichler, er kann meinem
Charme nicht widerstehen. Vielleicht sollte ich ihn doch zum Freund gewinnen,
wenn Chris mal wieder auf die Idee kommen sollte, mich für ein paar Tage allein zu
lassen.
Er könnte mir zur Pfote gehen und meine Toilettenkisten reinigen, das
Hühnersüppchen erwärmen und von Zeit zu Zeit ein kleines Schmankerl reichen. Schnurr, träum,
schnurr, sirre, girre, ich glaube, ich mag ihn - diese göttliche Fleischwurst. Ich denke,
nach einer gewissen Zeit und einer gewissen Futtermenge könnte es Freundschaft
werden oder gar ein Fleischwurstbündnis zwischen uns geben. Endlich noch ein
Mann im Haus!"
© 1997 Chris Jäger
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