Seit ein paar Wochen hatten wir ein neues Auto, es war ein Wohnmobil und für unsere ganze
Familie ein Ding zum bewundern, so auch für unseren Kater. Nachdem es in unserem Garten
stand und ausreichend bewundert worden ist, sollte es reisefertig gemacht werden. Unser
Kater, der im allgemeinen sehr an uns hängt, wollte auch unbedingt in das Auto, also ließen
wir ihn gewähren. Oskar untersuchte das neue Territorium sehr gründlich, wenn jemals in
diesem Raum eine Katze gewesen wäre, er hätte es herausgerochen. Schließlich war die
aufreibende Suche nach fremden Gerüchen beendet. Kater Oskar machte es sich gemütlich
und rollte sich auf einer der Sitzbänke zusammen. Diese Rituale ließen wir ihn jedesmal,
wenn das Wohnmobil gewaschen wurde, wiederholen. Ich weiß aus Erfahrung, daß Katzen
nicht gerne reisen und wollte dennoch einmal versuchen, den Kater mit uns reisen zu lassen.
Eines Samstags nachmittags verstauten wir nach der Arbeit unsere für ein Wochenende
notwendigen Dinge sowie Proviant und letztlich den Katter im Katzenkorb. Es folgten noch
Katzenstreu, Futternapf und einige ihm bekannte Utensilien, um ihm eine heimische
Atmosphäre vorzugaukeln. Alles an Bord, es konnte losgehen.
Zuerst setzte ich mich neben den Katzenkorb und beobachtete Oskar zum Beginn seiner
Reise. Er machte sich sehr klein in seinem Korb und schaute angstvoll umher. Wir hatten
nicht kalkuliert, daß er das Auto nie im Fahrbetrieb gehört hat. Ich versuchte es einmal, ihn
aus seinem Gefängnis zu befreien. Das war auch nichtbesser, er rannte in panischer Angst von
einer Ecke in die andere. Zweiter Versuch, ich versuchte, den Kater auf den Schoß zu
nehmen. Wieder nichts, panisches Miauen während der ganzen Fahrt, doch den Kater auf dem
Schoß zu halten, ist die beste Variante, dachte ich mir. Nach einer Stunde endlich kamen wir
auf dem Campingplatz an, sofort trat Ruhe ein. Wir suchten uns einen waagerechten Platz und
bereiteten nach dem Abstellen des Wohnmobiles uns ein Abendbrot, das gefiel unseren Kater
wiederum sehr gut. Das übliche Ritual war es, ein wenig nach Leckerchen zu betteln und dann
nach Befriedigung seiner Wünsche sich zu einem Schläfchen zusammenrollen. Der Platz zum
Schlafen war wohl gewählt. Es war der Fahrersitz, der nach seinem Menschen Bäri-beeri,
meinem Gatten, roch und außerdem hatte er eine fantastische Rundumsicht.
Diese Nacht würde bestimmt ein Erlebnis werden, denn in der Dunkelheit bevölkerten immer
zahlreiche Kaninchen den Campingplatz. Wir wollten ihm diesen Spaß gönnen und zogen die
Gardinen der Fenster im unteren Bereich des Wohnmobiles nicht zu. Ja, es war sehr
aufregend für ihn, nachdem wir für uns die obere Liegefläche im Alkoven ausgezogen und
uns zum Schlafen gelegt hatten. Kurze Zeit später hörten wir Kater Oskar von dem Sitzplatz
zum Küchenarbeitsplatz und über Tische und Bänke jagen. Nachdem wir nach einer Stunde
immer noch nicht schlafen konnten, entschlossen wir uns, den Kater mit uns ins Hochbett zu
nehmen. Er ließ es mit sich geschehen, suchte sich ein Plätzchen im hinteren Bereich an
unseren Füßen und schlief in kürzester Zeit ein.
Es wird wohl einige Stunden später gewesen sein,als ich durch ein Geräusch geweckt wurde.
Es war schon hell draußen und mir bot sich ein lustiger Anblick. Unser Kater hatte den für
sich günstigsten Platz ausgesucht und saß auf Bäris Bauch, schaute dabei quietschvergnügt
und höchst interessiert nach draußen auf den Campingplatz, denn die kleinen Fensterchen
hätte er sonst nicht erreicht. Mein Mann schlief dennoch seelig weiter und merkte von dem
neuen Aussichtsplatz des Katers gar nichts. So war für den Kater die Welt in Ordnung, seine
Menschen waren in der Nähe, der Langohrkatz, auch Kaninchen genannt, konnte beobachtet
werden und Futter und Schlafplatz waren nicht weit.
Nachdem ich meinen Mann geweckt hatte, bauten wir das Bett ab und verzogen uns zum
Frühstück nach unten. Auch das gefiel unserem Kater sehr gut. So nahe war er noch nie an
den leckeren Dingen. Einfach katzentraumhaft. Also Leckerchen eingeheimst, Morgentoilette
gemacht und dann wieder auf den Beobachtungsposten auf dem Fahrersitz.
Neben dem Standplatz des Wohnmobiles war eine Pferdekoppel, die in der Dunkelheit des
vorherigen Abends nicht zu sehen war. Nun aber konnte Kater Oskar diese umheimlichen
Riesenkatzen sehen. Sie waren langschwänzig, langschschwänziger als er, großohrig und
extrem langbeinig, also in einem Wort: Monsterkatzen! Den ganzen Tag über wich die
Aufmerksamkeit nicht aus ihm, er sprang sogar auf das Amaturenbrett, um den umheimlichen
Wesen keine Chance zu geben, näherzukommen. Das bewies sein gesträubtes Nackenfell. Am
Nachmittag überließen wir unseren Kater dem wohlverdienten Schlaf und gönnten uns einen
Spaziergang in der wunderschönen Landschaft. Nach dem Abendessen und dem Aufräumen
des Wohnmobiles traten wir die Heimreise an. Unserem lieben Kater Oskar ging es genauso
schlecht wie auf der Anreise. Zu Hause angekommen torkelte er in der Wohnung herum und
wir beschlossen, ihn nicht mehr auf Reisen mitzunehmen, auch wenn die Erlebnisse an
diesem Wochenende für ihn bestimmt schön waren.
© 1998 Chris Jäger
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